Ralf Wagner
[17.12.04]

Claus Köhlers "Orientierungshilfen für die Wirtschaftspolitik" - eine ökonomische Dolchstoßlegende
zu: Robert von Heusinger: Nachhilfe für Hans Eichel, in Die Zeit 51/2004
(Link auf den Artikel nicht verfügbrar)

Robert von Heusinger ist begeistert. Er hat eine neues Buch entdeckt. Das sei vortrefflich geeignet als Munition in der angeblich gerade beginnenden Debatte von Angebots- und Nachfragepolitik. Aber nur wer meint, daß diese Debatte gerade beginne, und wie Claus Köhler (der Autor des von Heusinger gelobten Werkes) „beseelt ist von der Machbarkeit der Wirtschaftspolitik“, kann dessen „Orientierungshilfen für die Wirtschaftspolitik“ etwas Originelles abgewinnen.

Nur Konjunkturprogramme könnten Wachstum retten – wir haben ja noch nie welche gehabt. Staatsschulden verschwänden durch die Steuerprogression infolge des Wachstums, das sie auslösen, wie von selbst – es sind ja auch nur noch ganze 1,4 Billionen übrig aus alten Schulden. Deren Zinsen allein verschlingen mehr als den gesamten Zuwachs an Steuereinnahmen. Auch an die künftigen Generationen ist gedacht. Die sollen sich mal nicht über Zins- und Tilgungslasten beklagen, denn neue Schulden werden (diesmal) nur für Autobahnen, Schulen und Krankenhäuser gemacht - da muß man Schulden doch einfach schön finden. Angeblich reichen für solche sicher dringenden Anliegen die zwei Drittel vom Volkseinkommen, welche der Staat schon heute umverteilt, ja nicht aus.

Nichts ist neu an diesen Orientierungshilfen. Sie sind eine halsstarrige Rechtfertigung einer verfehlten Politik im Angesicht des Desasters, welches sie angerichtet hat. Denen, die jetzt die Folgen ausbaden müssen, zuzurufen, daß Ziehen der Notbremse sei das eigentliche Problem und ein Weiter-so als "Orientierungshilfe" anzupreisen ist eine platte Dolchstoßlegende.

Zustimmung kann allenfalls daraus erwachsen, daß sich die heutigen Politiker dieser Tatsachen wohl bewußt sind, dies aber nicht zugeben können oder wollen und daher als Gefangene ihrer alten Fehler nur halbherzig umsteuern können und somit dilettieren. Man kann nur hoffen, daß sie bei Lesen von Claus Köhlers Orientierungshilfen einen Dejavue-Effekt nach dem anderen erleben und danach wenigstens die gleichen Fehler nicht noch einmal machen. Dann wäre uns in der Tat allen geholfen.

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