Ralf Wagner
[1.10.2006]

Wer subventioniert wen?
DINCs vs. Kinderlose
zu Arne C. Andres in Welt kompakt vom 1.10. 2006

Kinder bereichern unser Leben, Kinder sichern unsere Zukunft. Weil das unbestritten ist und natürlich nur positiv ist, wird das Thema auch schamlos mißbraucht – vor allem im Kampf um die Umverteilung von Einkommen. Selten geschieht das allerdings so dreist wie im Leserbrief von Arne C. Andres.

Kinder an sich und auch deren aufwendige Erziehung machen den Sinn unseres Daseins aus, schaffen im Gegensatz zur Erwerbsarbeit aber keinen materiellen Wohlstand. Ein Blick in kinderreiche Gesellschaften auch in unserer eigenen Geschichte sollte das wohl deutlich machen. Einzig der umverteilende Sozialstaat nährt und fördert die Illusion, allen Gruppen, die sich wohlklingenden Tätigkeiten widmen und nur laut genug schreien, hierfür auch ein Einkommen zu sichern. Und ganz anderes als Herr Andres es darstellt ist Deutschland auf diesem Weg weit fortgeschritten, weiter als fast alle anderen Länder dieser Welt. Zu steigenden Geburtenraten oder glücklicheren Kindern hat es jedoch nicht geführt.

Die von Herrn Andres gescholtenen DINCs (double income no children) zahlen heute bis zu siebzig Prozent ihres Einkommens an den Staat und in Sozialsysteme. Davon wird u.a. ein vollkommen sinnloses Ehegattensplitting finanziert, de facto ein Hausfrauengehalt. Ehefrauen und Kinder sind kostenlos in der Krankversicherung mitversichert und die hinterbliebene Ehefrauen erhalten auch ohne zusätzliche Einzahlung eine auskömmliche Rente – auch wenn sie gar keine Kinder erzogen haben. Dazu kommen Kindergeld, Baukindergeld, Hartz-IV-Leistungen für Kinder usw., usw., usw.

Herr Andres hat sich offensichtlich noch nie die Frage gestellt, woher das Geld für all diese Leistungen kommt. Bestimmt nicht von Kindern aus der Zukunft. Ansonsten hätte er wohl nicht den Vorschlag gemacht, „diesen (kinderlosen) Frauen und Männern den Zugang zum umlagefinanzierten Sozialsystem zu verweigern". Die würden jubeln, denn in diesem System sind sie zwangsweise Mitglied und vergleichbare Einzahlungen in private Systeme brächten ihnen fürstliche Renten und eine traumhafte Gesundheitsversorgung. Ein Umverteilungssystem allein aus Einzahlern mit mindestens einem Kind hätte jedoch keinen einzigen Tag Bestand.

Zu welchem Unsinn die Logik des Herrn Andres – und es ist ja beileibe nicht nur seine – führt, zeigt das Schicksal berufstätiger alleinerziehender Mütter. Zwar bekommen sie alle Unterstützungen für ihre Kinder, da sie aber erwerbstätig sind, finanzieren sie alle Subventionen für die „Nur-Mütter“ und „Nur-Ehefrauen“ mit. Eigentlich wäre es Sache der Politik, diesen Irrweg zu beenden und aufzuklären. Das hieße aber auch, zuzugeben, daß sie sich gegenseitig selbst jahrzehntelang in die falsche Richtung getrieben haben. Da ist ein Weiter-so allemal einfacher. Aber wie die Gedankengänge des Herrn Andres zeigen ist es ein Weiter-so beim Sägen auf dem Ast, auf dem wir alle sitzen.

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